Vom schwäbischen Faschings-Treiben zum Karneval nach Venedig – wie kam’s?
Seit mehreren Jahren zieht es uns nun jedes Jahr zum Karneval nach Venedig. Jedes Jahr packen wir Fotoausrüstung, Zeichenutensilien, Kind und Bollerwagen ins Auto und tauschen den deutschen Fasching
gegen den venezianischen Carnevale. Wer einmal dort war, den lässt die Begeisterung nicht so schnell los!
Bei uns begann alles mit einem ganz spontanen Kurztrip…
Wann fahren wir jetzt endlich mal nach Venedig?
Du hast es mir schon vor Jahren versprochen!
Seit ich meiner Frau erzählt hatte, dass ich schon einmal in Venedig gewesen war, fragte sie mich immer wieder, wann wir endlich dahin fahren würden.
Eines Tages war der Augenblick günstig. Ich hatte nicht viel zu tun. Und bei uns wütete die Fasnet. „Schatz, wie wärs mit nächster Woche?“
So konnte ich gleich vier Fliegen mit einer Klappe schlagen: Dem schwäbischen Fasnets-Treiben entkommen, mein Versprechen einlösen und mir einmal den berühmten venezianischen Karneval anschauen. Vielleicht könnte ich sogar ein paar gute Bilder mit nachhause bringen, die ich dann an eine meiner Bildagenturen verkaufen könnte. Alles in einem Aufwasch. Dazu sollten ein paar Stunden reichen, dachte ich mir.
Also buchte meine Frau ein Hotelzimmer für eine Nacht. In einiger Entfernung, irgendwo am Lago di Como, damit es nicht so teuer wird. Aber nahe genug, um in zwei, drei Stunden nach Venedig zu kommen. Dann am Abend wieder zurück nachhause. Der Schwabe lässt grüßen.
Unser Unternehmen Karneval Venedig startete gegen Mittag. Die Schweiz empfing uns mit schlechtem Wetter und Schneeregen. Bei Einbruch der Dunkelheit wurde die Fahrt dann richtig unangenehm. Die Bedingungen besserten sich erst nach dem Gotthard im Tessin. Erschöpft checkten wir im Hotel ein.
Der Tag beim Karneval in Venedig
Nach dem nassen Winterwetter vom Vortag weckte uns der Morgen doch tatsächlich mit Sonnenschein. Frühstück gab es in diesem Hotel leider keines. Wir frühstückten mit frischem Espresso und Croissants um die Ecke in einer netten kleinen Bar.
Ursprünglich wollten wir gegen zehn Uhr in Venedig sein. Leider hatten wir den Verkehr unterschätzt, sodass wir erst mit einer Stunde Verspätung am Verbindungsdamm eintrafen.Parkplätze sind in Venedig teure Mangelware, deshalb wollten wir am Punta Sabbioni parken und dort die Fähre nach Venedig nehmen. So trafen wir schließlich mit zwei Stunden Verspätung endlich am Markusplatz ein.
Die Stadt war überfüllt mit Menschen. Die Lichtsituation alles andere als gut, es war Nachmittag, die Sonne stand hoch am Himmel und warf harte Schatten. Auf einer Brücke am Rande des Getümmels kam die erste Maske in Sicht: Ein roter Teufel in Steampunkkostüm mit seinem Gefolge. Sofort packte mich das Fotofieber: Den musste ich haben! Ich zückte die Kamera. Meine Frau wollte zeichnen gehen. Deshalb beschlossen wir, uns zu trennen und später wieder zu treffen.
Karneval Venedig – Mein erster Shot
Erst jetzt fiel mir auf, dass der Teufel nicht nur von anderen Masken begleitet wurde. Er war förmlich umringt von einer praktisch undurchdringbaren Mauer anderer Fotografen. Dazu machten die vielen Touristen das Navigieren auf dem Anleger praktisch unmöglich.
Die Strömung der Menge beförderte uns langsam in Richtung Dogenpalast. Auf der Ponte de la Paglia regelten die Carabinieri den Verkehr. In den Hauptzeiten drängelt sich die Masse über das Nadelöhr. Die Polizisten sorgen dafür, dass nicht zu viele Menschen gleichzeitig auf der Brücke sind und auch dafür, dass diese nicht zu lange stehen bleiben. Von hier aus hat man den bekannten Blick auf die Seufzerbrücke, die den Dogenpalast mit dem Gefängnis verbindet.
Die Maske räkelte sich am Brückengeländer. Vor ihr hatte sich eine kleine freie Fläche gebildet. Die Menge an Fotografen und Selfie-willigen Touristen, die sich mit der Maske ablichten lassen wollten, hielten sich in Grenzen. Trotz quengelnder Polizisten, versuchte ich hier, meine ersten „richtigen“ Shots zu machen. Die Zeit reichte gerade, um mich in eine halbwegs gute Shootingposition zu bringen und den Auslöser kurz zu betätigen. Dann war es auch schon vorbei und ich wurde weiter getrieben. Es blieb nicht einmal die Zeit, das Ergebnis auf dem LCD zu kontrollieren.
Schon kamen die nächsten Motive in Sicht. Rings um die Säulengänge des Dogenpalastes stellten sich unzählige Masken zur Schau. Andere flanierten über den Markusplatz. Natürlich nur in so weit, wie ihnen die Touristen und Fotografen Bewegungsspielraum ließen.
Auf jede Maske kamen mindestens 20 Fotografen. Mit Handys, mit Kompaktkamera oder mit Vollformat DSLR wurde auf die Kostümierten Jagd gemacht.
Ich entschied mich für eine Maske, die etwas am Rande stand. Vielleicht war sie schon müde. Zumindest, schien sie sich eine kleine Auszeit vor dem Trubel gönnen zu wollen. Die Menge ihrer Begleiter hielt sich in Grenzen. Zuerst versuchte ich, zwischen den Köpfen der anderen Fotografen hindurch zu fotografieren. Dies gelang aber nur mit mäßigem Erfolg. Sobald ich eine Lücke ausgemacht hatte, versuchte ich die Kamera auszurichten. Meist bewegte sich dann einer der Paparazzi der vordersten Reihe. Das setzte eine Kettenreaktion in den folgenden Reihen in Gang, so dass ein Hinterkopf die Lücke sofort wieder schloss.
Ich schaltete die Kamera auf Live View und hielt sie nach oben. Auch diese Fotos erwiesen sich als durchschnittlich.
Warten auf die richtige Gelegenheit
Also blieb mir nichts anderes übrig, als abzuwarten bis die anderen Fotografen ihre Bilder fotografiert hatten und ich an der Reihe war. Langsam lichteten sich die Reihen. Dann war ich dran.
Ich hob gerade die Kamera. Da schob sich ein anderer Kollege von der Seite in mein Sichtfeld und begann zu fotografieren. Dies geschah mehr als einmal.
Es kam auch vor, dass sich das Ziel meiner Begierde abwandte und die Bühne verließ bevor ich zu Schuss gekommen war. Dann hefteten wir uns im Pulk an ihre Fersen und folgten der Maske über den Platz, bis sie in den angrenzenden Gässchen verschwand. Ich dachte mir nichts dabei. Später erfuhr ich dann, dass die Fotografen ganz schön zudringlich werden können und das für die Masken recht anstrengend sein kann. Das war mir zunächst nicht bewusst.
Ich fotografierte weiter, bis zum Sonnenuntergang. Trotz allem waren wir auf der Rückfahrt begeistert von den Motiven und der Atmosphäre der Lagunenstadt und des Karnevals. Die Sichtung der Bilder am nächsten Tag ergab, dass die Bilder leider nicht optimal waren. Bis zum nächsten Mal würde ich da wohl einiges ändern müssen.
Ja, nächstes Mal. Wir werden wieder kommen.